Die große Schützenparade in Gladbach
FOTO: Dieter Weber
Auch das Wetter meinte es gut mit den Schützen. Mehr als 20.000 Besucher feiern beim Gladbacher Stadtschützenfest die neue Majestät Dirk Heynckes. Ein Unfall überschattete jedoch die Parade.
Der scheidende Bezirkskönig Marc Gülzow macht seiner Sarah beim Ball der Majestäten auf der Bühne einen Heiratsantrag. Die neue Majestät Dirk Heynckes, die 38 Bruderschaften und Schützenvereine aus Mönchengladbach und Korschenbroich ein Jahr lang repräsentiert, ist der Neffe des früheren Borussia-Torjägers Jupp Heynckes. Und das Karnevals-Prinzenpaar der Herzen, Norbert I. (Bude) und Niersia Barbara (Gersmann), zog gestern in neuer Rolle bei der Parade als Kaiserpaar Otto und Adelheid hoch zu Ross den 2500 Schützen und Musikanten voran und sang auf der Bühne am Alten Markt ein neu getextetes Schützenlied. Das Stadtschützenfest 2017 war bis gestern Nachmittag stimmungsvoll, herzlich und originell, so dass mehr als 20.000 Besucher begeistert waren. Dann passierte kurz vor Beginn der großen Festparade und direkt vor der Ehren-Tribüne ein schlimmer Unfall. Eine Frau (91) stürzte die Tribünentreppe herunter und prallte mit dem Kopf auf den Asphalt. Sie wurde mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus Maria Hilf eingeliefert, der Notarzt diagnostizierte Verdacht auf Schädel-Hirn-Trauma. Am Abend bestand Lebensgefahr. Der Vorfall überschattete das bis dahin fröhliche Fest und löste bei den Beteiligten und Zeugen Entsetzen aus. Am Samstag ging beim Vogelschuss alles ruckzuck. Das hölzerne Federvieh gab bereits nach dem 48. Schuss klein bei. So, als wollte es deutlich machen: Ich ergebe mich - lasst uns lieber feiern und Spaß haben. "Zack, zack, der Vogel ist ab", kommentierte Bezirksbundesmeister Horst Thoren den Wettbewerb. Der neue Bezirkskönig Dirk Heynckes zeigte die Pose seines Onkels Jupp Heynckes nach einem Tor: Die Arme hoch gerissen, stellte sich der 48 Jahre alte König der St. Michael-Bruderschaft Holt seiner großen Fangruppe. Erster Gratulant war Bruder André, Präsident der Holter Bruderschaftler. Der selbstständige Kaufmann Dirk Heynckes selbst dachte zunächst an Vater Hans (80), der viele Jahre im Holter Brauchtum engagiert war, aber nie das schaffte, was Sohn Dirk den Holter Schützen jetzt bescherte: Sie durften gestern beim Stadtschützenfest endlich vorne mitmarschieren. Denn wo der Bezirkskönig ist, ist immer die Spitze. "Endlich! Bei der Parade waren wir immer hinten", sagte der Bezirkskönig, der Ehefrau Michaela umgehend informierte.
13 Schützenkönige stellten sich der Konkurrenz. Alexander Cremer (35) von der St. Christophorus-Bruderschaft Dorthausen und Ernst Dietschi (61) von der St. Petrus und Paulus-Bruderschaft Lürrip sind die Minister von Heynckes, der die Nachfolge von Marc Gülzow antritt. Und der trat mit einer besonderen Überraschung ab: Er machte Ehefrau Sarah beim Majestäten-Ball in der Kaiser-Friedrich-Halle auf der Bühne einen weiteren Heiratsantrag. Standesamtlich sind die beiden schon seit drei Jahren vermählt, jetzt folgt die kirchliche Trauung. Es flossen Tränen. "Es war ein wunderschönes Jahr als Bezirkskönig. Da dachte ich mir, dass der Antrag doch das perfekte Ende wäre", verriet Gülzow später.
Nach einer langen Partynacht ging es gestern Mittag beim Empfang des Oberbürgermeisters weiter. Die Bigband St. Barbara Neuwerk spielte die Titelmelodie der Muppet-Show, und so fröhlich wie das Lied, wurde auch der Beginn des Nachmittags. Schützenchef Horst Thoren freute sich vor allem, das noch amtierende Prinzenpaar der Karnevalisten, Norbert Bude und Barbara Gersmann, als Kaiserpaar Otto und Adelheid zu begrüßen. Sie führten die historische Truppe der Lokalprominenz an und sangen nach der Parade auf dem Kapuzinerplatz eine musikalische Liebeserklärung an die Stadt, die zu einer neuen Hymne für jeden Anlass werden kann. Den Text hat Barbara Gersmann selbst geschrieben. Unterstützt wurden sie von den beiden Karnevalisten Axel Ladleif und Jennifer Hüpkes.
In der Krönungsmesse predigte Regionaldekan Ullrich Clancett gegen "Kim Jong Erdotrump" und forderte, sich von der Liebe leiten zu lassen. Überhaupt Beziehungen: Die hat General Lothar Erbers in besonderer Form zu Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners. "Schreiben Sie mir die Paradeerlaubnis auf einen Bierdeckel. Michael Hollmann hat sicher einen dabei", sagte Erbers. Der Brauerei-Chef war tatsächlich bestens ausgerüstet, und Reiners erteilte die Erlaubnis schriftlich.
Nach dem schockierenden Unfall verlief die Parade gewohnt prächtig. Die Stimmung bei denen, die den Sturz miterlebt hatten, war jedoch gedrückt. Richtiger Frohsinn wollte nicht mehr aufkommen - auch wenn sich Schützenchef Thoren bei der Serenade als Sänger versuchte.
Von Christian Lingen und Dieter Weber
Quelle: RP